Schneidet man einen Baumstamm quer auf, findet man die Jahresringe. Diese geben aber mehr Informationen als nur das bloße Alter des Baumes. Über die Abstände zwischen den Ringen und deren Farbe kann man die Nährstoffversorgung der vergangenen Jahre bewerten und erkennen wie hart oder wie mild die Winter waren. Und auch beim Menschen kann man, ähnlich wie bei den Jahresringen, über die Telomere Aussagen über den Lebensstil und die Gesundheit treffen.
Ist das biologische Alter messbar? – Die Telomere
Telomere sind die Endstücke eines jeden Chromosoms. Sie werden als eine dynamische Struktur beschrieben die sich sowohl verkürzen als auch verlängern kann. Das End-replication problem bezeichnet die Problematik, dass Telomere nicht repliziert werden. Mit jeder Zellteilung werden die Telomere kürzer, bis sie schließlich verschwunden sind und die Zelle abstirbt. Besonders problematisch ist das bei Immunzellen, die bei verminderter Aktivität das Abwehrsystem des Menschen schwächen.
Wie in den Jahresringen der Bäume kann man frühe Einflüsse des Lebens auch in den Telomeren erkennen. Neben der genetischen Disposition haben schon negative Erfahrungen aus der Kindheit wie Vernachlässigung oder Stress eine negative Wirkung auf die Länge der Telomere.
An der Länge der Telomere kann man also nicht nur die Fähigkeit der Zelle zur Teilung erkennen, sie ist Gradmesser für den Alterungsprozess und die Gesundheit des Menschen. Die Forschung nutzt die Messung der Länge der Telomere sogar als Prädikator für altersbedingte Krankheiten.
Was beeinflusst die Länge der Telomere?
Im Laufe des Lebens bestimmen viele Faktoren ob bzw. wie schnell sich Telomere verkürzen. Einer der wichtigsten Einflussfaktoren sind chronische Entzündungen, die eine Vermehrung der T-Zellen (dem Immunsystem zugehörig) anregen. Das wiederum verkürzt die Telomere und es besteht ein erhöhtes Risiko altersbedingter, entzündlicher Erkrankungen. Dazu gehören beispielsweise Typ-2-Diabetes, Depressionen, Arthritis, Osteoporose, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Krebs und neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer.
Chronische Entzündungen werden stark durch den Lebensstil beeinflusst. Eine wichtige Rolle spielt der Hormonhaushalt. Eine negative Wirkung beispielsweise hat psychologischer Stress, der zu einer übermäßigen Ausschüttung des Stresshormons Cortisol führt. Bewegung hingegen hat durch die Anregung zur Ausschüttung anaboler Hormone positiven Einfluss auf chronische Entzündungen und damit die Länge der Telomere.
Auch die Ernährungsweise hat entscheidenden Einfluss auf die Länge der Telomere. Nahrungsmittel mit einer hohen Energiedichte beschleunigen die metabolischen Prozesse und erhöhen die Aktivität der Mitochondrien, was zu metabolischem Stress führt. Dieser metabolische bzw. oxidative Stress führt zur Verkürzung der Telomere und steht in engem Zusammenhang mit psychologischem Stress.
Die Länge der Telomere kann bei einem Lebensstil aus Bewegung, Regeneration und gesunder Ernährung jedoch auch positiv beeinflusst werden. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass bei entsprechender Lebensweise die Verkürzung der Telomere nicht nur stagniert, sondern die Telomere sich sogar verlängern.
Okinawa und Campodimele: Orte der Metusalems – Ernährung und Telomere
Die japanische Insel Okinawa und das italienische Dorf Campodimele ziehen die Aufmerksamkeit vieler Forscher auf sich. Denn dort Leben überdurchschnittlich viele Menschen über 100 Jahre und sie werden damit deutlich älter als ihre Mitmenschen anderer Regionen des Landes. Man wollte herausfinden was das Geheimnis für ihr langes und vor allem gesundes Leben ist. Die Einwohner dieser beiden Orte haben eines gemeinsam – ihre Ernährungsweise. Ihre Speisen besitzen eine geringe Energiedichte und sind reich an Antioxidantien. Zudem essen die dort lebenden Menschen wenig Fleisch und viel Fisch.
Die Wirkung der in Fisch reichhaltig vorhandenen Omega 3-Fettsäuren auf die Länge der Telomere steht seit einigen Jahren im Fokus der Forschung. Studien zeigen, dass die adäquate Einnahme von Omega 3 die Länge der Telomere positiv beeinflusst. Die ungesättigten Fettsäuren wirken entzündungshemmend und antioxidativ. Aber nicht nur die absolute Menge des zugeführten Omega 3 ist wichtig, sondern auch das Verhältnis zu Omega 6-Fettsäuren. In der von westlichen Industrieländern geprägten Ernährungsweise liegt das Verhältnis zwischen Omega 6 zu Omega 3 mit 15:1 bis 17:1 deutlich zu hoch.
Auch Antioxidantien wird eine positive Wirkung auf die Länge der Telomere bescheinigt.
Empfehlungen für ein langes und gesundes Leben
Telomere sind zwar nur der Indikator, dennoch sagen sie viel über die Gesundheit bzw. das Krankheitsrisiko eines Menschen aus. Über die Länge der Telomere ist es möglich das biologische Alter eines Menschen festzustellen. Die Einhaltung eines gesunden Lebensstils beeinflusst die Länge der Telomere positiv. Gesunder Lebensstil bedeutet, dass Bewegung, Erholung und Ernährung im Einklang stehen und diese drei Elemente nicht isoliert betrachtet werden.
Bei der Ernährung spielen die Omega 3-Fettsäuren mit ihrer entzündungshemmenden Wirkung eine wichtige Rolle. Omega 3 wirkt sowohl prophylaktisch, um chronische Entzündungen zu verhindern als auch therapeutisch, um vorhandene Entzündungen einzudämmen. Bei einem günstigen Verhältnis zwischen Omega 6 und Omega 3 liegt die empfohlene einzunehmende Menge an Omega 3-Fettsäuren bei 2,0 bis 2,5 g pro Tag.
Antioxidantien haben ebenfalls positiven Einfluss auf die Länge der Telomere. Diese sind beispielsweise vorhanden in Keimen und Samen, Hülsenfrüchten, Nüssen und Kaffee. Eine antioxidative Wirkung besitzen auch Beta-Carotin, Folsäure, Magnesium und die Vitamine A, C und E.
Referenzen:
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